Paula und das Lied der Bäume
Donnerstag, 20. November 2014
Riga
Am Freitag fuhren wir nach Riga. Da wir doch nicht unseren alten Schlafplatz bei den Freiwilligen dort nutzen konnten, wurde uns noch ganz kurzfristig ein anderer hertelefoniert und zwar bei einer sehr lieben Familie mit lettischer Mutter und deutschem Vater.
Riga ist voller Krähen. Es gibt auch viele Spatzen und Tauben, aber es gibt noch mehr Nebelkrähen. Sie fliegen überall herum und krächzen. Ich mag sie.
Ab Freitag fand in Riga ein Lichterfestival statt. Viele Häuser wurden mit unterschiedlichen Bildern und kurzen Filmen angestrahlt und es gab noch andere Lichtshows. In den ersten Tagen machten wir einiges mit den Freiwilligen in Riga. Zum Beispiel trafen wir einen sächsischen Käseverkäufer und versuchten Weihnachtsgeschenke zu finden. Eigentlich bummelten wir die meiste Zeit durch die kalten Straßen. Dabei sahen wir auch den Zentralmarkt. Dort gibt es vor allem Lebensmittel und Kleidung. Es gibt mehrere große Hallen, in denen Verschiedenes angeboten wird, es gibt also zum Beispiel eine Halle für Milch- und eine für Fleischprodukte. An vielen Stellen werden traditionell gestrickte Mützen, Schals und Handschuhe für teures Geld verkauft. Oft sind die Muster auf ihnen von alter Symbolik abgeleitet. Zum Beispiel stört es hier keinen, wenn ein Muster ein Hakenkreuz enthält, das ist ganz normal. Es wird hier mit der Sonne assoziiert und ist, neben vielen anderen Symbolen, in Bändern und Strickmustern zu finden.
Am Sonntag waren wir in der Nationaloper, obwohl wir erst am selben Tag nach Tickets fragten. Wir hatten wirklich Glück und bekamen gerade noch die letzten vier Karten für den Nussknacker, zwei für die zweite Reihe für zwölf Euro und zwei für weiter oben für sieben Euro. Scheinbar ist Theater hier generell sehr preiswert und oft billiger als Kino. Oft bekommt man schon Karten ab fünf Euro und Stehplätze gibt es für vier Euro. Die Vorstellung war wirklich sehr schön. Kostüme, und Schauspiel waren sehr klassisch und das Bühnenbild sehr verträumt, vor allem beim Tanz der Schneeflockenfeen, nämlich mit verschneiten Statuen und weißen Ästen, die von der Decke hingen. Es waren auch sehr viele junge Leute und Studenten in der Oper, vielleicht weil man es sich hier einfach leisten kann.
An einem Tag bekamen wir von unserem Gastvater Orte der Stadt gezeigt, an denen man normaler Weise vorbei geht, zum Beispiel ein altes Kino welches eher wie ein Konzertsaal aussah. Bis vor kurzem wurden dort die Filmplakate noch von Hand gemalt, und jetzt stehen sie im Regen und es liegt nicht mal eine Plane drüber.
Natürlich haben wir auch die berühmten Jugendstilhäuser gesehen. Die Fassaden haben wirklich unglaublich viele Einzelheiten in Form vieler Gesichter, Sphinxen und anderer mythischer Figuren.
Es gibt in Riga einige Selbstbedienungsrestaurants, in denen man Nudeltaschen oder Plinsen für richtig wenig Geld essen kann. Auch Gebäck bekommt man oft billig, dafür kostet Kaffee meistens echt viel. Auch im Supermarkt (hier zumeist Rimi) kosten viele Lebensmittel sehr viel. Dafür kostet Busfahren sehr wenig.
Außerdem bekamen wir zwei sehr stilvolle Restaurants gezeigt. Das eine heißt Black Magic und verkauft den „Schwarzen Balsam“, das ist einen hier sehr berühmter Schnaps. Früher war mal eine Apotheke in dem Laden und die Einrichtung ist teilweise noch original. Allerdings hängen überall alchemistisch anmutende Gegenstände, wie getrocknete kleine Krokodile und Kräuter herum. Man konnte durch eine Geheimtür (verkleidet als Bücherregal) über eine schmale steile Steintreppe in den Keller gelangen, in dem einen eine Theke mit einem kleinen Labor erwartete.
Noch schöner fand ich aber das „Rozengrals“. Das Restaurant wurde vor kurzem noch nur mit Kerzen beleuchtet. Jetzt gibt es auch ein paar elektrische Lichter, aber die sind unauffällig angebracht und das meiste Licht wird immer noch von Kerzen gespendet. Alles ist auf Mittelalter getrimmt. Über eine Rundtreppe kommt man in ein höhlenartiges sehr alten Kellersysthem. Einzelne Gewölbe sind durch enge tiefe Gänge verbunden. Es gibt Wandgemälde und Wandbehänge, das Personal ist mittelalterlich gekleidet und im Hintergrund läuft Dudelsackmusik. Abends soll es sogar Minnesänger geben. Es ist dort allerdings sehr teuer glaube ich. Ich konnte aber nur kurz auf eine kyrillische Speisekarte gucken. Auf jeden Fall wird dort das Essen nach alten authentischen Rezepten verkauft. Nach der frostigen Straße war es durch die vielen Kerzen auch schön warm da unten. Natürlich war alles etwas übertrieben, ich fand es aber trotzdem schön.
Am 18. War dann der lettische Unabhängigkeitstag, auch Lettlands Geburtstag genannt. An diesem Tag muss jeder seine rot-weiße Flagge raushängen, ansonsten muss man Strafe zahlen. Allerdings glaube ich, dass die meisten Leute das nicht gerade als Belastung ansehen, immerhin trugen viele schon seit Tagen Ansteckbänder in rot-weiß, und das ist keine Pflicht.
Am frühen Nachmittag versammelten sich viele Leute an der Daugava, um die Militärparade zu sehen. Wir gingen aber schon ziemlich am Anfang, so spannend war es jetzt nicht. Dafür gab es zwei Konzerte für umsonst. Das erste fand am Nachmittag statt. Es gab ein Streichquartett, zwei Solisten und Klavierbegleitung. Im Konzert wurde verschiedene klassische Musik verschiedener Komponisten (natürlich auch lettischer) gespielt.
Das zweite war erst am Abend. Wir wussten gar nicht so richtig, was uns erwarten würde, als wir uns in die St. Petri Kirche setzten. Wir waren schon eine halbe Stunde eher da und trotzdem gab es fast keinen Sitzplatz mehr. Als es dann losging, standen viele Leute hinter den letzten Stühlen. Inzwischen hatten wir anhand der herumliegenden Flyer gemerkt, dass es sich bei den Musikern um eine in Lettland sehr populäre A-capella Gruppe, bestehend aus sieben Frauen (eine war aber nicht da), handelte. Die Gesänge muteten oft etwas mystisch an und waren vielleicht ein bisschen mit denen von Anúna zu vergleichen. Die Gruppe heißt „Latvian Voices“ und singt sowohl traditionell Lettisches, als auch Weltmusik und Pop. Besonders mag ich das Stück „Rūtoj Saule“.
Der Nationalfeiertag endete mit einem großen Feuerwerk über der Daugava, zu dem viele Leute hinpilgerten und den Verkehr blockierten.
Inzwischen wird es am Abend immer schon sehr früh dunkel. Um vier ist es schon stockfinster.






Lichterzug


Black Magic


Rozengrals

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Mittwoch, 12. November 2014
Ferien 2
Wir sind doch nicht nach Riga gefahren, da unser Schlafplatz besetzt war. Dafür fahren wir nächste Woche, da ist nämlich ein lettischer Nationalfeiertag und es wird wahrscheinlich viel zu sehen geben. Zum Anlass des Nationalfeiertages wurde auch schon eine Lettlandflagge mit dem Spruch „Dievs, svētī Latviju!“ im Treppenhaus angebracht. Jojo und ich wurden vom Sohn der Direktorin schon gefragt, ob wir nicht vielleicht „and all nations“ drunter schreiben wöllten.
Die zweite Hälfte der Ferien war sowieso sehr viel entspannter, als die erste. Wir mussten lediglich ein bisschen Laub um das Norwegerhaus herum rechen, Kuchen und Kekse backen und das Sprachenzimmer etwas aufräumen. Im Sprachenzimmer haben wir zwei CDs gefunden, die interessanterweise uns allen dreien gut gefallen. Die eine ist ein Album der lettischen Gruppe Cosmos und das andere sind vor allem englische Kirchengesänge aus verschiedenen Jahrhunderten. Das ist vielleicht eine etwas seltsame Kombination, aber mir gefällt beides.
In den letzten Tagen habe ich viele Karten für verschiedene Briefe gemalt und zusammen mit Jojo so einige Briefe geschrieben. Dafür hatte man jetzt endlich mal ein bisschen Zeit. (Außerdem haben wir am Abend relativ viel STAR TREK TOS gucken können. Natürlich wurden wir gleich als Nerds eingestuft.) Am Sonnabend waren wir noch in Madona und zum ersten Mal bei Tag in Grostona. Sonst haben wir nämlich immer nur abends Kinder abgeholt. Es hat sich herausgestellt, dass der Kater Pipers tot ist, warum weiß ich aber auch nicht. Es gibt noch einen Kater und eine Katze dort. Cipers und Suse (so heißen sie) streifen immer um den großen Herd herum und zweitere setzt sich oft auf den Zuckervorrat um dann herunter zu steigen und die heruntergefallenen Essensreste zu fressen. Ich habe gehört, dass in Grostona auf dem Bauernhof überall gefeuert wird und es keine elektrische Heizung gibt. Im Winter muss deshalb nachts aller zwei Stunden jemand aufstehen und nachlegen. Die Wasserleitungen frieren dann aber trotzdem ein. Der Frost ist allerdings im Moment wieder gegangen und wir hatten ein bisschen Sprühregen in den letzten Tagen.
In Grostona haben wir Weihnachtsnoten und andere Noten durchgeguckt und uns sehr anregend über deutsches Essen unterhalten. Dabei wurde das Missverständnis beseitigt, dass wir nur Milch aus Pulver trinken und im Garten mit Chemikalien sprühen würden. Dann erklärten wir, dass wir zu Hause auch manchmal Beeren, Kartoffeln oder Möhren aus eigenem Anbau essen. Über Beeren haben wir uns sowieso eingehend unterhalten. Dann wurde uns noch ein Fotoalbum gezeigt. Wir werden immer sehr persönlich behandelt und es wird schon mal sowas zu uns gesagt wie: „Jetzt habe ich vier Töchter“.
Gestern war aber auch schon ein Nationalfeiertag, nämlich der Lāčplēsis Tag. Zu diesem Anlass waren wir im geschmückten Madona in einem Musikschulkonzert. Die lettische Musikschule ist eigentlich nicht mit der deutschen zu vergleichen. Alles ist sehr viel strenger, es gibt viele Prüfungen und Abschlüsse, allerdings gibt es in der normalen Schule nur für die unteren Stufen Musikunterricht. Das Konzert war sehr abwechslungsreich. Es gab Blasmusik, Einzelauftritte, Chorgesänge aber auch Kinder, die das Nationalinstrument Lettlands (Kokle, eine Art Zither) spielten. Die Kinder scheinen hier nicht nur das Instrumente spielen zu lernen, sondern auch Ausdruck und Auftrittsweise. (Wie lege ich die Hände am elegantesten und geschmeidigsten auf die Saiten oder Tasten? Wann lege ich die Geige wie entschlossen ans Kinn?)
Nach dem Konzert ging es draußen weiter. Die Kinder spielten noch einmal an der mit roten und weißen Windlichtern gesäumten Straße im Orchester. Dann wurde ein Männerchor vom Band abgespielt und ein Feuer endzündet und eine Frau redete irgendetwas über Patriotismus. Wir sind aber nicht lange geblieben. Trotzdem war es schon dunkel und kalt. Es wird hier sowieso schnell dunkel.

Irgendwann (ich glaube letzte Woche) sahen wir als wir am Morgen aus dem Norwegerhaus kamen ein paar Rehe auf dem Feld vor dem Haus. Sie schienen sehr an Menschen gewöhnt zu sein und gaben sich keine Mühe besonders schnell wegzukommen. Mit den Vögeln ist es auch so. Als wir zwischen ein paar Bäumen Laub rechten, flog ein Kleiber von einem zum anderen und schien nicht im Mindesten aufgeregt zu sein.
Immer wenn wir abends zum Norwegerhaus gehen und es nicht bewölkt ist, sehen wir die Sterne. Einmal war der Mond wie in einem Kinderbuch ganz groß und gelb, obwohl er nur eine Sichel war. Würden wir nicht jeden Abend dieses Stückchen gehen müssten, hätten wir ihn verpasst und mit ihm viele zauberische Sternenhimmel.

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Mittwoch, 5. November 2014
Ferienanfang
Diese Woche haben wir theoretisch Ferien in der Kalna Skola, eine Woche später als die anderen Schulen in der Umgebung. Die Ferien fingen aber nicht etwa mit ausschlafen an, im Gegenteil. Es galt das Frühstück für dreißig Gäste zu machen. Wir hatten nämlich den Alphakurs hier, eine Art christlicher Diskussionskreis oder so etwas. Das Alter der Kursler war aber sehr viel weit gestreuter, als das bei uns in solchen Dingen der Fall wäre. Es waren sogar einige Jugendliche und Kinder dabei. Wir haben für sie fünf Mahlzeiten am Tag hergestellt (eigentlich sechs, wenn man das Eis am Abend mitzählt). Den ganzen Morgen wurden Kuchen und Kekse gebacken. Als sie weg waren mussten dann die Betten für die Kinder gemacht werden. Davor wurden Jojo und ich verschont, aber unsere Mitfreiwillige nicht.

Montag und Dienstag verliefen eigentlich auch wie in der Schulzeit, nur ohne Unterricht. Am Vormittag haben wir das Mittagessen gemacht (einmal wurde ich ins kalte Wasser geworfen und sollte alles alleine machen, es hat aber ganz gut geklappt), oder irgendetwas aufgeräumt. Gestern mischten wir einfach irgendwas spontan zusammen um Schokoladenkuchen zu backen, weil sich eins der zwei Mädchen die noch da sind das gewünscht hatte und wir wiedermal das Mittagessen alleine machen sollten. Zum Glück durften wir die letzten zwei Tage ausschlafen. Trotzdem waren diese Ferien bisher schon sehr stressig. Ich war manchmal ganzschön gereizt, aber nachdem ich im Herd Feuer gemacht hatte gings mir wieder gut. Ich mag es Feuer zu machen, immer wenn ich es tue werde ich froh. Außerdem muss man hier nicht wie zu Hause zum Heizen Kohle zum Brennen bringen, sondern nur schön trockenes Holz, das schnell anbrennt.
Morgen früh fahren wir für ein paar Tage einfach mal nach Riga.

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Sonntag, 26. Oktober 2014
Der Frost
Der Frost erreichte uns vor ein paar Tagen und ließ uns seitdem nichtmehr los. Es ist sehr kalt und grau draußen, aber wir sind ja die meiste Zeit drinnen. Der Hund ist allerdings Tag und Nacht in der Kälte und hat nur eine kleine Hundehütte, deshalb freut er sich immer, wenn jemand kommt um mit ihm zu spielen, sodass ihm warm wird. Immer wenn wir vom Norwegerhaus zur Schule gehen wartet eine Amsel, stets auf demselben Ast eines Strauches sitzend, auf uns. Heute Morgen habe ich einen Raben gehört und dann auch gesehen. Er flog hoch über unseren Köpfen an den Pappeln die den Weg säumen vorbei.

Ich habe in letzter Zeit viele Apfelkuchen gebacken, manche alleine, manche zusammen mit den Anderen, manche so wie wir sie zu Hause machen, und manche so wie man sie hier bäckt. Gestern wurden „Bonbons“ gekocht. Dabei wurden ein Liter Milch und ein Kilo Zucker zusammen fünf Stunden lang gekocht. Heraus kam dann eine braune dickflüssige Masse, die man aufs Brot schmieren kann, aber keine festen Bonbons. Trotzdem ist das Ganze sehr lecker.

Am Freitag waren wir in Madona um diesmal wirklich am Jugendabend teilzunehmen. Die richtig tiefgehenden theologischen und philosophischen Gespräche finden aber nicht etwa bei eben diesem statt, sondern in der Regel erst bei der Rückfahrt danach. Das ist immer sehr gemütlich und zuweilen auch sehr lustig.

Außerdem haben wir jetzt einen kleinen Schreibtisch in unserem Zimmer. Also habe ich alle meine Malutensilien so auf den Tisch gelegt, dass ich noch genug Platz für meinen Arm hatte und habe endlich mal wieder ein Bild gemalt. Wenn ich vom Tisch aus aus dem Fenster blicke, sehe ich links eine Eiche, auf der sich die Gartenbaumläufer tummeln. Von denen werde ich dann abgelenkt und muss ihnen einfach zusehen…

Auf dem Bild sieht man die erste Begegnung zwischen dem Elben Thingol und der Maia Melian im sternenbeschienenen Beleriand. Sie sind die Eltern von Luthien Tinuviel, bei deren Geburt die weißen Niphredil erblühten, die Sterne der Erde.




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Dienstag, 21. Oktober 2014
Herbstblätter
Es wird von Tag zu Tag dunkler und die Tage sind schon kurz. Manchmal regnet es noch. Meistens ist es kalt draußen und es gibt Frost in manchen Nächten. Obwohl wir oft nicht so viel zu tun haben (die Quitten sind alle) vergehen die Tage schnell und ich finde nicht viel Zeit etwas Großes zu tun, deshalb lese ich. Das Silmarillion ist schon ein schönes Buch, es hat so einen ruhigen Ton, ich könnte es wahrscheinlich immer wieder lesen. Bücher die einen manchmal fast wehmütig werden lasen passen auch zu dem grauen, schönen Himmel den über den nassen Feldern sehen, wenn wir aus dem Norwegerhaus treten.
Beim Abwaschen singen wir oft, dann kommen manchmal Leute und sagen, dass sie das gut finden oder bedanken sich sogar.
Am Freitag waren wir in Madona, weil wir eigentlich zum Jugendabend gehen wollten. Man hatte aber vergessen uns zu sagen, dass in dieser Woche garkeiner stattfinden würde. Zu viert machten wir also einfach unseren eigenen Jugendabend und gingen dann noch in ein Geigenkonzert, das keinem von uns so richtig gefiel. Wir hatten eigentlich etwas Klassisches erwartet, am Ende war es aber eher kitschiger Kuschelrock.
Am Wochenende haben wir ganz viel Laub um das Norwegerhaus herum gerecht. Die meisten Bäume sind schon kahl und schwarz und es ist fast winterlich Draußen. Die Krähen sitzen immer noch auf den Ästen und auch der rote Kater lässt sich manchmal sehen und wagt sich, jetzt wo Pipers weg ist, weit in dessen ehemaliges Revier. Die Sonne will nicht zurückkehren und vor kurzem gab es das erste Eis auf dem Wasser.

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Donnerstag, 16. Oktober 2014
Regen
In letzter Zeit ist nicht viel Außergewöhnliches passiert. Das Wetter hat sich geändert, es regnet oft in Strömen und die Möhren schwimmen im Keller. Durch den vielen Regen ist es etwas wärmer geworden. Um das Norwegerhaus streift manchmal ein roter Kater, der sehr groß ist. Sein Kopf ist zerkratzt und seine Ohren sind zerfetzt, vermutlich muss er sein Revier gegen die vielen (teilweise riesigen) Hunde der Umgebung verteidigen. Zuerst ist er immer weggerannt als er mich gesehen hat, jetzt hat er sich aber von mir streicheln lassen.
Letztes Wochenende haben wir Laub gerecht, natürlich wollten die Kinder mit Blättern zugedeckt werden und sich (und uns) mit Laub bewerfen. Wir saßen also alle zusammen auf dem Anhänger des Traktors und schmissen uns die Blätter ins Gesicht.
Als wir vor ein paar Tagen den kurzen Weg vom Norwegerhaus zur Schule gingen, kreuzte ein Fuchs mit schneeweißer Schwanzspitze unseren Weg und schlug sich schnell in die Büsche. Ansonsten gibt es viele Meisen und Krähen hier. Die Gänse hört man nichtmehr so oft.

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Donnerstag, 9. Oktober 2014
Wald pflanzen
Letzte Woche sind wir in das Norwegerhaus gezogen. Unser Zimmer liegt in Mitten einer Baustelle, ist aber sehr schön. Zwei Wände sind aus Holz, die anderen sind grün gestrichen, die Tür ist weiß und der Boden grau. Zuerst hatten wir keinen Schrank (aber Gardinen). Am Sonntag haben wir einen bekommen.
Am Wochenende waren wir im Kurland um Bäume zu pflanzen. Wir fuhren einige Stunden nach Westen und übernachteten bei einer Schwester der Schulleiterin die sehr freundlich war, die Letten sind eben sehr gastfreundlich.
Am Sonnabend sahen wir dann die riesige Fläche, die bepflanzt werden sollte. Sie lag inmitten des Waldes der zum größten Teil aus Pappeln bestand. Der Ort war früher bewaldet, jetzt aber abgeholzt. Es gab fast keinen festen Boden, eigentlich war alles ein großer Sumpf aus dem Wurzeln und Stämme der alten Bäume aufragten. Oft bin ich fast knietief darin eingesunken, wenn ich nicht richtig aufpasste. Man hatte uns gesagt, das Pflanzen würde die härteste Arbeit unseres Lebens werden, aber ich muss sagen wir als Mädchen hatten es nicht so schwer. Wir mussten nur die kleinen Fichten in roten Umhängeeimern tragen, die Wurzeln etwas zurecht rupfen und sie den Jungs reichen, die dann Bäumchen um Bäumchen in eher ungeraden Linien setzten. Das Wetter war etwas wärmer als um Madona, wo es jetzt schon sehr kalt ist. Ab und zu fielen ein paar Tropfen vom Himmel und am zweiten Tag war es windig, aber trotzdem arbeitete es sich recht angenehm. Die Pappeln sangen ihre Lieder, Krähen, Raben und Gänse schrien und ab und zu zeigte Bruder Sonne sein Gesicht. Zwar sind die Bäume nur zum Abholzen da, aber trotzdem kann ich jetzt von mir sagen, ich hätte mal einen Wald mitgepflanzt und außerdem haben wir alle ganz selbstlos etwas für die Nachhaltigkeit des Waldes Anderer .getan. Wenigstens werden die Bäume für eine Zeit ihre Lieder singen und die Füchse und Krähen werden es hören und zwischen ihnen Schutz suchen.
Obwohl alle kaputt waren fuhren wir noch zu einem, vom Förster ganz allein gebauten, Waldspielplatz. Dort gab es viele Wurfspiele, eine Bowlingbahn, ein Hexenhäuschen, Minigolf und eine Kapelle. Alles war aus Holz und lugte zwischen großen alten Eichen hervor.
Als wir in der Nacht zum Montag zurück zur Kalna Skola fuhren flog ein Käuzchen an uns vorbei und ich habe mich sehr gefreut eins zu sehen.












Den Sommer habe nochmal ich für jemanden aus meiner Klasse gemalt, als ich noch zuhause war.

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Montag, 29. September 2014
Lai ir slavēts Tas kungs
Letztes Wochenende waren wir in Riga um mit ungefähr tausend anderen Jugendlichen am baltischen Taizé-Treffen teilzunehmen. Als wir am Freitagabend in die St. Petri Kirche kamen sah man, dass der Boden mit Teppich bedeckt und Sitzflächen und Wege mit Paketklebeband abgegrenzt worden waren. Freiwillige standen mit Schildern am Eingang auf denen „Silence“ stand. Überall standen Lichter, viele sahen so aus wie die kleinen bunten Glasfenster in Taizé und stellten Heilige und christliche Symbole dar. Man hatte orangene Fahnen neben den Altar gehängt, so dass alles sehr an die Kirche in Frankreich erinnerte. Obwohl wir das Abendgebet verpasst hatten knieten noch Leute am Kreuz, ein paar Nonnen liefen umher und es liefen Taizégesänge im Hintergrund. Ein paar Menschen saßen ruhig auf dem Boden und wir setzten uns auch dazu. Man verliert das Zeitgefühl, wenn man den gregorianisch anmutenden, lichtvollen Liedern zuhört, man findet Ruhe und mich überkommt wenn ich mitsinge so eine Erfüllung, die ich sonst selten fühle. Es ist, als wäre man aufgeregt, ruhig, melancholisch und froh zugleich. Es ist tatsächlich so, als würde die Zeit anders vergehen.
Die Mittags- und Abendgebete fanden jeweils in der St. Petri Kirche satt und waren immer sehr ruhig und schön. Die Gottesdienste waren aufgebaut wie in Taizé selbst, mit Schriftlesungen in verschiedenen Sprachen und Solos die von Mönchen, Jugendlichen und professionellen Musikern gesungen wurden. Jedes Mal gab es vielleicht zehn Minuten Stille, in denen man beten, oder einfach ruhig werden konnte (und immer wenn die vorbei waren ging erstmal ein Husten durch die Menge). Überall standen Lichter und man sah Leute aus allen Konfessionen.
Am schönsten war natürlich das Abendgebet mit der „Osternacht“/Lichternacht in der Jeder eine dünne weiße Kerze bekommt und das Feuer vorne von Kindern ausgeteilt wird. Das Licht geht dann von Kerze zu Kerze nach hinten, bis jeder ein brennendes Licht hält. Die Kirche gleicht dann einem Lichtermeer, das aber nur einige Minuten anhält. Nachts konnte man so lange im Halbdunkeln sitzen bleiben, wie man es für sich brauchte und wollte .man singt dann oder schweigt. Man singt Lieder von Hoffnung, Liebe und Licht. Man singt immer wieder den gleichen Text, aber es wird nicht langweilig im Gegenteil, man wünscht sich die Nacht würde nie enden…nach dem Abendgebet wurden die Lieder auch in den Originalsprachen gesungen, sodass man besser auswendig mitsingen konnte und alles meditativ und friedlich wurde. Es war nicht das Gleiche, aber es war fast wie in Taizé und es ließ einem das Herz froh werden.
Natürlich war das Wochenende viel zu kurz, es ist nicht leicht sich so schnell wieder auf den normalen Alltag umzustellen. Ich wäre gerne noch länger aufgeregt, ruhig, melancholisch und froh zugleich, aber es ist schwierig dieses Gefühl behalten…









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Donnerstag, 25. September 2014
Miri it is while sumer ilast
Eigentlich ist nicht viel passiert, aber da wir am Wochenende in Riga sind, um dem Taizé-Treffen beizuwohnen, schreibe ich schon jetzt etwas auf. Alles, was zu sagen ist, ist dass sich langsam herausstellt wer die „schwierigen“ Kinder sind. Der Unterricht ist längst nichtmehr so einfach, wie ganz am Anfang. Manche Kinder sind laut und können ganzschön unfreundlich und gemein zu ihren Mitschülern sein. Trotzdem habe ich immer noch den Eindruck, dass kein Kind von allen gehänselt wird. Und die Älteren schotten sich nicht von den Jüngeren ab.
Die Küchenarbeit ist so wie immer. Wir entkernen zum Beispiel gelbe Quitten, die von den Letten „kleine Zitronen“ genannt werden oder schälen wie gehabt Kartoffeln und Möhren. Wir waren auch wieder angeln.
Der Kater Pipers musste (zum Entsetzen aller Kinder) nach Grostona auf den Bauernhof umziehen, weil er hier immer in Zimmer geht, in die er nicht soll und dort seinen Dreck hinterlässt. Auch wenn das begründet ist, finde ich es schon etwas traurig, denn ich mag den alten Jungen sehr. Immerhin muss er jetzt glaube ich keinen Hund mehr fürchten.
Inzwischen scheint der Herbst eingezogen zu sein. Das Laub färbt sich gelb, aber es fallen erst wenige Blätter. Morgens liegt Raureif auf den Wiesen, wo sie nicht von den Bäumen geschützt sind. Es ist plötzlich kalt geworden…




Das Norwegerhaus


Jojo und die Sonne








Was ich in der Bibo fand : den Herrn der Ringe


Tuer zum Computerzimmer

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Sonntag, 21. September 2014
Eremitin und Hobbit
Inzwischen habe ich zwei neue Bilder gemalt. Das eine ist überraschender Weise ein Hobbit mit Bachstelze geworden. Das zweite ist eine najadisch anmutende Eremitin mit langen Armen. Ich habe bisher noch keinen Scanner gefunden, also gibt es wahrscheinlich in Zukunft eher abfotografierte Bilder.







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Samstag, 20. September 2014
Madona und Moor
In dieser Woche fand ein Teil der Apfelernte statt. Wir ernteten eigene Äpfel, und die einer ehemaligen Lehrerin (die einen Hund hatte, in dem ein Teil Husky steckt, und noch viele andere). Aus den Äpfeln wurde dann ganz viel dunkler Apfelsaft, Apfelmus und Marmelade gekocht. Inzwischen haben wir auch schon unterrichtet, am Montag hieß es auf einmal: „Sie unterrichten jetzt“ und dann ging es los. Jojo und Ich unterrichten Klassen sieben bis neun in Deutsch und Klasse sechs in Englisch. Unsre Mitfreiwillige unterrichtet die Jüngeren Klassen. Zum Glück gibt es in Jeder Klasse Jemanden, der gut Englisch spricht und so können wir uns ganz gut verständigen. Die Klassen sind auch sehr klein (vier bis sechs Leute) und die Kinder sind wirklich lieb. Allerdings merkt man erst jetzt, wo man einer neunten Klasse Deutsch beibringen muss, was für eine wiedersinnige Sprache wir sprechen.
Inzwischen waren wir schon dreimal in Madona. Einmal am Sonntag, um in den lutherischen Gottesdienst zu gehen, einmal um ein Interview zu führen und am Freitag waren wir beim Jugendabend. Der lutherische Gottesdienst fing erst und zwölf an und dauerte zwei Stunden. Das lag daran, dass die Predigt sehr lang war und es viel Liturgie zu beten gab. Man singt hier viele Melodien, die man in Deutschland nur zu Weihnachten singt, aber auch andere bekannte Lieder und Melodien. Man bekreuzigt sich und empfängt das Abendmahl indem man sich im Halbkreis um den Altar kniet, vom Pfarrer gesegnet wird und die Hostie (mit einem Kruzifix drauf) und den Wein von zwei unterschiedlichen Messdienern bekommt. Nach dem Gottesdienst sollten wir noch am Mittagessen einiger Leuten aus der Gemeinde teilnehmen und man hat sich darüber lustig gemacht, wie wenig wir Deutschen doch essen.
Richtig gesehen haben wir das 25 Kilometer entfernte Madona aber erst am Dienstag, als wir drei für eine Örtliche Zeitung interviewt wurden. Das kleine Städtchen ist im Vergleich zu deutschen Städten dieser Größe unglaublich sauber. Es scheint nichts zu geben, was kaputt ist und es gibt sowieso sehr viele Einrichtungen, darunter ein Jugendzentrum und eine Musikschule, die aus zwei Gebäuden mit schönen Glasfenstern besteht. Es gibt auch viele Läden darunter sogar einen Stoffladen. Am Abend waren wir noch bei einer Veranstaltung der babtistischen Kirche. Madona scheint sehr ökumenisch zu sein, weshalb mal ein Abend in dieser und dann wieder in jener Kirche stattfindet. Somit waren auch viele Leute aus anderen Gemeinden da. Eigentlich ist Lobpreismusik überhaupt nicht so meins, aber dadurch, dass alles so offen war und wir uns interessant unterhalten haben, war es doch ein ganz schöner Abend. Am Freitag gingen wir zum Jugendabend, bei dem wir eigentlich nur gegessen und zugehöhrt haben, wie die anderen sich unterhalten. Abends war dann noch eine Veranstaltung einer neuen Partei, da in Lettland bald Wahlen stattfinden. Der Wahlkampf sieht hier ganz anders aus, als bei uns. Es gab eine Wasser-Licht-show, bei der patriotische Lieder im Hintergrund liefen. Es wurden Bilder projiziert, bei denen aus den Europasternen der Umriss Lettlands gebildet wurde und so weiter. Die Letten haben auf Grund ihrer Vergangenheit einen ziemlichen Nationalstolz, weswegen das Ganze keinem albern vorkam.
Viel wichtiger als das alles ist aber ein Ort an dem wir Heute waren:

DAS MOOR

Ich liebe das Moor und alles was drinnen ist, die Pflanzen, die kleinen Bäume und die Frösche und kleinen Spinnen. Ich mochte es schon immer. Heute früh fuhren wir los um im Moor Moosbeeren zu pflücken. Das Gras war noch mit glitzerndem Tau bedeckt, als wir über die sandige Landstraße und später einfach über die Wiese fuhren um zum Moor zu kommen. Zwischen ihm und der Wiese liegt allerdings ein breiter Wassergraben und dem ersten Mädchen lief schon am Anfang Wasser in einen ihrer Gummistiefel. Schon ehe man freien Blick hatte, sah man die ersten rot leuchtenden runden Moosbeeren zwischen dem Torfmoos hervorgucken. Sie sind klein und fest und wechseln in der Farbe zwischen Purpur- und Dunkelrot. Manchmal wachsen sie einzeln und manchmal sieht man mehrere auf einem Fleck. Sie schmecken so ähnlich wie Johannesbeeren, aber herber und saurer. Sie sahen sehr schön aus zwischen dem verschiedenfarbigen Torfmoos. Das Moor hier ist nicht sehr groß, aber trotzdem nicht minder schön. Die freie Fläche ist von Wald eingerahmt und hier und dort stehen kleine Kiefern, unter die man sich setzen könnte, weil die Wurzeln den Boden fest und trocken machen. Dazwischen wachsen Beerensträucher und Torfmoos, in das man oft Knöcheltief einsinkt. Und zwischen dem Moos wächst hohes, stacheliges Gras, das einem die Arme beim stundenlangen Pflücken zerkratzt. Trotzdem mag ich das Pflücken. Es ist eine langwierige, aber stille Arbeit. Wenn man Stunde um Stunde nichts tut, außer Pflücken, dann kommen einem auf einmal Lieder in den Sinn, die zu diesem Ort passen und einem fallen Texte ein, die man danach wieder vergisst. Am Ende hatten die Anderen keine Lust mehr, aber ich glaube, ich hätte noch viele Stunden dort zubringen können. Das Moor ist für mich irgendwie ein Ort der Ruhe, ich kann mich dort so gut besinnen…
Ansonsten haben wir natürlich in der Küche geholfen und abgewaschen, aber sonst ist nicht viel passiert. Das Wetter ist schön, aber wenn die Sonne untergeht ist es sehr kalt.

Gute Gedanken wünscht euch
Paula


Blick aufs Moor




Moosbeeren sammeln




Es gibt sogar Sonnentau hier

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Freitag, 12. September 2014
Übers Angeln, Abwaschen und Pilze sammeln
Jetzt sind wir ja schon eine Weile hier, aber es fühlt sich viel länger an, als eine knappe Woche, bestimmt weil man so viel an einem Tag macht.
Inzwischen war ich auch schon im Wald. Er sieht anders aus als bei uns. Er ist trockener und der Boden ist sandig, so dass es viele Kiefern und Birken gibt. Die Erde ist mit trockenem Moos, hellen Flechten und Preiselbeersträuchern bedeckt. Auch die Ameisenhaufen sehen anders aus: es sind eigentlich helle Sandhaufen, auf denen nur oben ein paar Nadeln liegen. Die Ameisenstraßen sind richtig ausgetreten, so dass vielleicht zwei Millimeter breite, sandige Rinnen durch das Moos laufen. Der Wald um die Häuser der Schule ist nicht sehr dicht, es sind eher Büschel von Bäumen, deshalb sind wir um in den eben beschriebenen Wald zu kommen ein Stückchen mit dem Auto gefahren. Dort haben wir dann Pilze gesucht. Es gibt hier sehr, sehr viele Birkenpilze (es gibt ja auch viele Birken) aber auch Maronen und Steinpilze, die aber alle trockener sind als bei uns. Viele der Kinder haben sogar irgendwelche Täublinge oder sowas gesammelt, die später sauer gemacht wurden.
Wir waren auch schon Angeln (das heißt, die Jungs haben geangelt und Jojo und ich haben eher daneben gesessen) und ich habe sogar welchen gegessen obwohl ich eigentlich Vegetarierin bin, aber er war ja selbst gefangen…
Pilze sammeln und Angeln tut man aber eher nachmittags. Am Morgen (wir stehen so kurz nach um sieben auf) deckt man als erstes den Tisch. Dann schält man meistens Kartoffeln und Möhren (aus eigenem Anbau) für das Mittagessen, während auf dem großen Herd Milchsuppe (aus eigener Milch) oder Haferbrei warm gemacht wird der am Abend vorher gekocht wurde. Dann gibt’s Frühstück. Neben den warmen Sachen kann man manchmal noch Müsli essen und es steht immer Brot da, auf das man Marmelade (natürlich selbstgemacht), Käse, oder Wurst essen kann. Getrunken wird viel Tee, Rhabarbersaft und Milch.
Nach dem Frühstück wird abgewaschen und dann gibt es eine Andacht, bei der viel gesungen wird. Im Andachtsraum stehen übrigens viele Heiligenbilder, die katholisch und orthodox aussehen. In der Andacht, die ja eigentlich evangelisch ist, wird das Ave Maria (und manchmal auch der Rosenkranz) gebetet. Beim Abendmahl sind die gesungenen Fragmente irgendwie belebter als bei uns. Es gibt also (sicher auf Grund der Geschichte) einige Unterschiede in der evangelischen Religionsausübung.
Wenn Unterricht ist, geht es dann in die Klassen. Einmal sind wir in dieser Zeit mit in die erste Klasse gegangen und haben auf die Kinder (die eigentlich die ganze Zeit gespielt, in Musik Klavier gelernt und ein paar „E“s geschrieben haben) aufgepasst. An einem anderen Tag habe ich die Fenster (nicht besonders gut) geputzt und dann wieder in der Küche geholfen. Unterrichten müssen wir noch nicht, das kommt (vielleicht) nächste Woche.
Zum späten Mittagessen gibt es oft irgendwas mit Kartoffeln. Dazu kann man dann essen was man will, oft sind noch kleine Reste an Soße, oder sowas vom Vortag da. Zum Beispiel gibt es Pilze in so einer Art Rahmsoße (oder es gibt sie ohne Pilze) oder Gurken, Tomaten und Möhrensalat. Eigentlich steht auch immer Cottagecheese da, den man süß und herzhaft essen kann.
Natürlich muss auch jetzt Jemand abwaschen, was auch schon mal über eine halbe Stunde dauern kann. Danach hat man manchmal frei und hilft manchmal in der Küche, (oft müssen wieder Kartoffeln geschält werden). Wenn man frei hat kann man zum Beispiel in die Bibliothek der Schule gehen. In ihr gibt es lettische, viele russische aber auch englische und wenige deutsche Bücher. Ich habe übrigens schon den Hobbit und die ersten beiden Herr-der-Ringe-Teile (echt schöne Ausgaben), Ronja Räubertochter (und noch mehr von Astrid Lindgren) und ein paar Märchenbücher auf Lettisch gefunden.
Ein Bisschen gemalt habe ich auch schon, aber da wir noch im Gästezimmer wohnen, das keinen Schrank und keinen Tisch hat, habe ich das auf dem Nachttisch gemacht.
Nachmittags geht man dann wie gesagt zum Beispiel Angeln oder Pilze sammeln oder man macht irgendetwas anderes. Manchmal müssen wieder Kartoffeln geschält, manchmal muss irgendetwas geputzt werden. An manchen Tagen gibt es auch Vesper, zum Beispiel mit Haferbrei und Marmelade. Eigentlich bekommt man dann noch jeden Tag selbst gemachtes Eis mit Heidelbeeren oder anderen Früchten drin.
Nach dem Abendessen (oft mit Resten von Frühstück und Abendbrot) wird wieder abgewaschen. Dann gucken die Kinder manchmal noch einen Film bevor sie ziemlich spät (zwischen halb zehn und um zehn oder später) ins Bett gehen. Wenn man nicht mit guckt hat man abends eigentlich immer ein bisschen Zeit für sich. Ich schreibe dann immer Tagebuch und bin oft zu müde um etwas Anderes zu machen.
Inzwischen haben Jojo, und ich eine Mitfreiwillige, die vorrübergehend auch hier wohnt. Wir verstehen uns sehr gut und mögen alle Taizémusik. Wir drei haben mit den Kindern auch schon ein deutsches Lied eingeübt, das wir zusammen begleiten.
Und wir wissen jetzt wie stressig es ist, Gäste zu bewirten. Man schält doppelt so viele Kartoffeln (oder mehr), deckt die Tische ganz ordentlich und hat einen riesigen Berg Abwasch. Aber ehrlich gesagt macht das Abwaschen mit den Kindern wirklich Spaß, besonders wenn man dabei singt. Es wäre fast schade, wenn man irgendwann auf Spülmaschine umstellen würde. Wir hatten etwa 25 Deutsche und am nächsten Tag 50 Norweger hier. Als die Norweger da waren haben wir drei Freiwilligen eineinhalb Stunden abgewaschen.
Inzwischen habe ich mich richtig eingelebt, wie man so schön sagt. Ich finde es sehr schön hier mit den Kindern und Lehrern, die sich glaube ich alle duzen und sowieso wie in einer großen Familie leben. Es gibt keine Feindschaften, wie das bei uns oft in den Schulen ist. Es wird auch keiner gehänselt, es scheinen eher alle Kinder befreundet zu sein(auch wenn es manchmal Streit gibt). Und es ist sich keiner zu blöd, um in der Andacht mitzusingen. Im Gegenteil, alle (auch die Jugendlichen) singen und spielen mit.
Als die Norweger da waren haben wir auch schon lettische Musik gehört, denn einige Kinder hier sind die Söhne einer Opernsängerin in Riga und diese hat für die Gäste ein Konzert gegeben. Die lettische Musik hört sich meiner Meinung nach traditioneller an, als zum Beispiel klassische deutsche Musik und gefällt mir deshalb auch besser (soweit ich das jetzt schon beurteilen kann).
Bleibt nur zu sagen, dass es hier sehr schön ist und es uns gut geht. Die Leute hier sind sehr lieb zu den Kindern und uns. Die kleinen Kinder sind natürlich süß und mit den größeren kann man sich gut auf Englisch unterhalten. Die Lehrer wirken hier nicht nur wie Lehrer, sondern auch wie Eltern (wie ein Norweger treffend sagte). Die ganz kleinen Kinder gehen zu allen hin und lassen sich von jedem hochheben, weil sich alle so vertraut sind. Man hat das Gefühl in einer großen Familie zu leben, in der alle zusammen wohnen, spielen und arbeiten.

Also ihr Lieben zuhause und in der Welt,
lasst es euch gutgehen und seid behütet und so.
Eure Paula


Chili


Paprika


Kalna Skola




Angelplatz

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Sonntag, 7. September 2014
Daheim verblasst, die Welt rückt nah…
Am Donnerstag sind wir also in Dresden abgefahren. 25 Stunden saßen wir im Bus und weil ich irgendwie aufgeregt war, konnte ich dabei auch nicht lesen. Ich habe also Musik gehört und mit Jojo Sherlock geguckt. Eigentlich mag ich es mit dem Bus zu fahren, aber ein Tag ist dann doch etwas lan, als wir in Riga ankamen war ich deswegen ganzschön müde. Wir wurden von der Schulleiterin und ihrem Sohn vom Busbahnhof abgeholt und dann erstmal in ein Restaurant in Riga eingeladen. Es hatte die Form einer Windmühle und man konnte sich sein essen selbst zusammenstellen. Da Freitag war, waren sehr viele Leute da, außerdem lief Musik und somit war es sehr laut. Später fuhren wir dann zur Christian-David-Schule und luden zwischendurch noch ein paar Kinder ein, sodass wir die ersten schon kennenlernten.
Am nächsten Tag haben wir mit den Kindern zusammen Kartoffeln geschält und „Unkraut“ gejätet. Ich habe das Gefühl, dass die Kinder hier viel fleißiger sind, als bei uns. Später gingen wir an den Fluss und abends wurde noch ein Lagerfeuer gemacht.
Heute am Sonntag können wir machen, was wir wollen, also sind ich und Jojo mit Fahrädern (die allen zusammen gehören) nochmal an den Fluss gefahren. Gerade habe ich ein Bisschen Hümmelchen gespielt und jetzt schreibe ich das hier.
Es gibt so einige Tiere hier, eine Katze, einen Hund der immer frei herumläuft, eine Ziege ein Pony und viel Eidechsen und Heuschrecken. Wie es scheint gibt es auch viele Pilze, ein Birkenpilz stand mitten auf dem Weg des etwas abseits gelegenen Friedhofs herum. Die Küche ist mit einem alten Herd ausgestattet, den man befeuern muss.
Alle sind im Übrigen ganz lieb zu uns.
Liebe Grüße aus Lettland.

Paula

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Donnerstag, 4. September 2014
Nebel
Als ich heute Morgen aufgewacht bin lag alles im Nebel, also bin ich ein bisschen rausgegangen. Ich mag den Nebel, alles sieht so schön ruhig und still aus. Herumlaufend habe ich mich von den Orten verabschiedet an denen ich früher Räuber gespielt habe und erst jetzt so richtig realisiert, dass es heute losgeht.

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