Paula und das Lied der Bäume
Sonntag, 24. September 2017
Das bucklige Mädchen
Gerhard Schönes Lieder haben sowas tröstliches finde ich. Wenn ich traurig bin oder Heimweh habe, höre ich seine Musik sehr gerne und mir geht’s gleich besser. Solange ich mich zurückerinnern kann war „Das bucklige Mädchen“ mein Lieblingslied. Ich kann mich zum Beispiel erinnern, wie ich bei meiner Omi Pilze sammelnd Rotkäppchen gespielt und im Wald dieses Lied vor mich hin gesungen habe.
In meiner Schulzeit dachte ich mir, ich müsste eigentlich mal Bilder zum buckligen Mädchen malen, habe es aber nie getan. Es flogen nur manchmal geflügelte Mädchen und Raben über die Ränder meiner Schreibblöcke (und durch meinen Kopf). Als ich dann für die Ausbildung nach Hamburg zog, hatte ich ehrlich gesagt ganz schön viel Heimweh, woraus folgt, dass ich viel Gerhard Schöne gehört habe. Naja und da dachte ich, dass ich eigentlich Zeit habe, um die Bilder in meinem Kopf zu Papier zu bringen. Also habe ich gefragt, ob ich darf, und ich durfte:)
Es hat nur ne ganze Weile gedauert, weil ich eben viel für die Ausbildung malen musste. Aber jetzt bin ich fertig.
Also hier das Ergebnis:



In der holprigen Straße, im hölzernen Haus,
da wohnte ein Mädchen. Das trat kaum heraus.
Sie lebte allein, und sie sprach nur mit Gott.
Mit ihr trieben Kinder oft Spott.





Sie war klein und zierlich und ging etwas
krumm,
denn sie trug unterm Jäckchen ´nen Buckel
herum.
Manchmal warfen Jungs nach ihr Steine und
Dreck
und kreischten: „Eh, Hexe, geh weg!“





Vielleicht war sie siebzig, vielleicht war sie
zehn.
Sie war halt ein Kind, das viel Leid hat
geseh´n.
Sie huschte zur Kirche und wieder nach Haus,
sah bitter und müde meist aus.
Einmal, als sie heim kam, da fand sie entsetzt
im Schnee einen Raben, die Flügel
verletzt.
Und neben dem Tier einen kantigen Stein.
Schnell trug sie den Raben hinein.





Sie zog ihre wollene Strickjacke aus
und machte dem Raben ein Bettchen daraus.
Sie tränkte ein Läppchen in Heilkräutersud.
Wie tat das dem kranken Tier gut.

Sie pflegte den Raben, sang leis in sein Ohr
mal Schlaflieder, manchmal ein
Weihnachtslied vor.
Und lachte, denn immer beim Halleluja,
sang er ein zufriedenes Krah.



Zwar fühlte der Rabe sich wohl in dem Haus.
Doch als er gesund war, wollt er gern hinaus.
Da tat sie ihm traurig die Tür auf, und schon
flog krächzend der Rabe davon.



Sie lachte und weinte vor Kummer und Glück
ganz fern flog das Tierchen und kam nicht
zurück.
Sie schaute und schaute, bis sie nichts mehr
sah.
Noch krümmer als sonst stand sie da.

Der Schnee fiel herab, und der Mond zog her-
auf.
Das Mädchen sah immer noch
blicklos hinauf.
Da flatterte, schwarz, über´m
mondbleichen Schnee
der Rabe, ganz in ihrer Näh´.



Behend ist er auf ihren Buckel gehupft,
hat da mit dem kräftigen Schnabel gezupft.
Und so, als ob man einen Fallschirm
aufknüpft,
sind ihr ein paar Flügel entschlüpft.





Erst hat sie nur leicht ihre Flügel bewegt
und sich dann mit Schwung in die Winde
gelegt.
Zog noch ein paar Kreise hoch über dem Dach
dann südwärts, der Rabe ihr nach.



Heh, war das ein Engel, ein menschlicher
Schwan?
Die in jener Nacht aus dem Fenster raussah´n,
haben unheimlich lange zum Himmel geblickt
und sich in die Arme gezwickt.

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Wunderschöne Arbeit in Bild und Text.

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traumhaft

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